Zyklus = Leistung² ?
Der Zyklus und die Periode sind immer noch ein Tabuthema im Profi-Sport. Total bescheuert, da es jede Frau in ihrem Leben betrifft. Ein regelmäßiger Zyklus ist Grundvoraussetzungen für die Gesundheit der Frau. Ein regelmäßiger und aufgezeichneter Zyklus hat das Potential eine Aussage über die Bereitschaft spezifische Trainingsreize zu treffen. Synchronisiert man Trainingsintensität und Erholung nach dem Zyklus zeigen sich in Studien deutliche Leistungsverbesserungen im Vergleich zu nicht synchronen Programmen.
Zyklus, Was ist das:
Frauen habe ein ausgeklügeltes System zur Steuerung ihrer Sexualhormone, dabei zeigt sich keine konstante Hormonproduktion von Tag zu Tag wie beim Mann, vielmehr ein 28 - 35 Tage Zyklus mit schwankendem Hormonlevel. Hormone regulieren die Heranreifen, den Sprung und das Einnisten einer befruchteten Eizelle und ermöglichen eine Schwangerschaft. Der Zyklus ist ein mächtiger Takt und Impuls im Leben jeder Frau. Vielfach nicht so bekannt, ist dass der Zyklus einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat: Er gibt Biofeedback über das Trainings Stresslevel und kann, richtig eingesetzt, zu neuen Leistungssprüngen verhelfen.
Ein nicht funktionierender Zyklus, im mittleren Lebensalter, ist ein Anzeichen für übermässigen Stress, Übertraining und ein Missmatch aus Belastung und Erholung. Funktioniert der Zyklus nicht, stimmt etwas mit dem Körper nicht. Hormone funktionieren nicht mehr richtig und werden zu viel, zu wenig ausgeschüttet, oder sie entfalten nicht ihre Wirkung. Ist der Zyklus unregelmässig oder fällt ganz aus, stimmt etwas nicht; der Athlet sein Coach und am besten der Arzt des Vertrauens sollten diese Zeichen ernst nehmen und das Training, den Lebensstil und ggf. Medikamente anpassen.
Ein funktionierender Zyklus ist ein Werkzeug, einerseits als Feedback zur Trainingsbelastung, andererseits um das Training zu steuern und die Reize zu verfeinern. Trainingsreize anhand des Zyklus auszurichten macht Sinn, kann Anpassungen verbessern, und zu neuer Höchstleistung führen. Studien diesbezüglich zeigen, dass Trainingsanpassungen besser und schneller erreicht werden, richtet man Trainingsreize nach dem Zyklus.
Funktionierender „Zyklus“:
Was ist ein funktionierender Zyklus und warum ist der Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Frau so immens? Der Zyklus ist 28 Tage lang, gliedert sich in 14 tägige Reifephase bzw. Follikel Phase und 14 tägigen Erhalt, bzw. Lutealphase. Am Ende der Lutealphase findet die Abstossungsphase, bzw. Blutung = Menstruationsphase statt.
Während der Follikelphase nehmen Testosteron und Glykogen zu. Testosteron ist wichtig für die Höchstgeschwindigkeit und die explosive Leistungsabgabe, während Glykogen längerfristige Energiespeicher bereitstellt. In der Lutealphase nehmen Östrogen und Gestagen zu, um sich auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten. Dies kann zu Entzündungen, Blähungen und einem
In der Reifephase gedeiht die Eizelle und produziert zunehmend Östrogen; es wird kein Progesteron produziert. Man spricht von einer niedrig Hormonphase und vom „Frühling“ des Zyklus. Der Gemütszustand ist meist gut, die Stressresistenz steigt, und der Körper ist bereit für intensive Trainingsbelastungen. In dieser Zeit kann die Trainingsbelastung gesteigert werde, hoch-intensive Reize sind förderlich. Zudem steigt die Verwertung der Fette, die Fettoxidation. Dein Körper wird ökonomischer und Du brauchst weniger Energie. Low-Carb oder niedrig Energie Interventionen sind ebenfalls am besten hier zu absolvieren, da dein Körper eine höhere Bereitschaft signalisiert mit wenig Energie auszukommen.
Anschließend „springt“ die Eizelle in den Eileiter und wartet, der „Sommer“ des Zyklus beginnt. Die Hülle der Eizelle verbleibt im Eierstock. Die positiven Effekte werden verstärkt, man ist in einem „positiven“ Hormonflow.
Hier beginnt die Umwandlung. Es wandelt sich die Hülle der Eizelle, der Follikel, langsam in den Gelbkörper. Gelbkörper produziert einen Cocktail aus Östrogen und Progesteron, zwei Sexualhormone, der Herbst des Zyklus beginnt. Der Körper unterstützt das Heranreife eines zweiten Lebens; es kommt zu Umbauprozessen sowohl in deinem Eileiter, als auch innerhalb der Gebärmutter (Schleimhaut wird aufgebaut).
Der Cocktail aus Östrogen und Progesteron hat andere Wirkungen als alleiniges Östrogen, wie in der Reifungsphase. Dein Gemütszustand verändert sich, deine Konzentrationsfähigkeit nimmt ab, dein Stresslevel nimmt eher zu.
Im Körper triggert Progesteron eine Reihe von Reaktionen:
1. Verschiebung des Flüssigkeitshaushaltes: mehr Wasser landet im Gewebe, das Blut wird dicker, zähflüssiger. Wassereinlagerungen an den Beinen machen sich bemerkbar. Das Herz hat in Folge mehr Arbeit, Blut zu bewegen und es landet weniger Blut in der Pumpe. Das Blutvolumen in deinen Gefässen sinkt, weniger Stoffaustausch findet statt, und weniger Sauerstoff gelangt an deine Muskeln, in Folge sinkt die VO2max.
2. Der Stoffwechsel verändert sich, die Möglichkeit Kohlenhydrate zu verbrennen nimmt ab, die Vo2max sinkt abermals. Die Fettoxidation bleibt auf einem hohen Level, deine Ökonomie bleibt erhalten.
Hoch-intensive Einheiten werden schwieriger in der Lutealphase, die Leistungsbereitschaft für HIT nimmt ab. Die Anpassung auf hoch-intensive Reize sind sub-optimal, da deine VO2max im Ruhe-Modus ist.
Der Körper braucht mehr Regeneration nach harten Einheiten, da der Abbau von Kohlenhydraten mehr Zeit in Anspruch nimmt. Sinkt der Abbau von Kohlenhydraten steht weniger Glykogen, das Speicher Kohlenhydrat, in der Muskulatur zur Verfügung. Zudem braucht der Aufbau des Glykogen Speichers länger; dein Energielevel sinkt. Die Gefahr von Übertraining und Energie Verlust steigt. Übermässiger Energie Verlust ist mit einer Stressreaktion verknüpft und mehr Stresshormon, Cortisol, wird bei energieleeren Zuständen gebildet. Hierdurch beginnt ein Teufelskreis: Cortisol verstärkt den Kohlenhydrat Abbau und die Speicher leeren sich abermals. Ebenfalls triggern erhöhte Cortisol Werte eine Verschiebung des Blutvolumens; die Vo2max wird negativ beeinflusst.
Die Intensität drosseln und mehr Kohlenhydrate aufnehmen lautet die Trainings-Devise für die Lutealphase. Achte mehr auf Deine Regeneration: In dieser Phase sind zudem Grundlagen Einheiten wunderbar in den Plan zu integrieren. Low-Carb Strategien sind keine gute Idee: Die Kohlenhydrat Speicher sind schon entleert: Übermässige Entleerung triggert Cortisol. Gerade bei sportlicher Betätigung, auch bei lockeren Sessions, sollte „Fueling“ stattfinden. Der Körper signalisiert, dass er mehr Energie benötigt; dem solltest Du nachgehen. 5 - 3 Tage vor der Blutung ist der Höhepunkt der Lutealphase erreicht, anschließend wird der Gelbkörper abgestoßen.
Der „Winter“ des Zyklus beginnt, die Schleimhaut und der Gelbkörper wird abgestoßen, und die Monatsblutung = Menstruation startet. Deine Hormone nehmen rapide ab und sowohl Progesteron, als auch Östrogen haben ihre niedrigsten Werte um die Menstruation. Alle Phasen des Zyklus werden individuell anders durchlebt und schwächer, oder stärker wahrgenommen. Besonders in der Menstruation sind diese Unterschiede präsent und ausgeprägt. Es bedeutet- Einige Frauen empfinden diese Phase als positiv, andere als negativ. Ebenso verhält sich die Leistungsbereitschaft- Der Marathon Weltrekord der Frauen von Paula Radcliffe wurde, während ihre Menstruation aufgestellt, Petra Kvitová hat hingegen Albträume vor dem Wimbledon Finale während ihrer Menstruation. Hier gilt es Strategien zu erarbeiten und auszuprobieren, welche Reize man gut verträgt und auf welche man wie reagiert. Hat man eine stärkere Blutung mit erhöhtem Blutverlust, muss unbedingt über eine Eisen Supplementation nachgedacht werden. Ganz besonders relevant ist dieses Thema bei Läuferinnen, da Eisen über das Platze von Blutplättchen im Fuß weiter verloren geht (#Runners-Anaemia). Generell ist es wichtig, sich über den eigenen Körper und seine Bedürfnisse zu informieren. Die körperlichen Voraussetzungen sind bei jedem Menschen anders und deshalb sollte jede für sich selbst herausfinden, wie sie ihren Körper während der Menstruation am besten unterstützen kann.
Neben den physiologischen Aspekten der Menstruation gibt es auch psychologische Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit einer Frau. Jüngste Studien haben gezeigt, dass negative Selbstgespräche die körperliche Leistungsfähigkeit verschlechtern und die Motivation während des Menstruationszyklus verringern können (#PsychologyToday). Es ist wichtig, dass Sie in dieser Zeit auf Ihre inneren Dialoge achten und positive Affirmationen verwenden. Außerdem sollten Ruhe und Erholung Vorrang haben, um eine optimale Leistung zu gewährleisten.
Praktische Empfehlungen, um das Training an den Körper anzupassen, nicht umgekehrt.
In diesem Sinne:
Train smart.
Golo
Dr. med. Golo Röhrken
Arzt & Sportwissenschaftler